Die Appreciative Inquiry Methode

Was verbirgt sich hinter

der Methode Appreciative Inquiry? 

Beim Appreciative Inquiry, kurz AI, handelt es sich um eine Methode, die die beiden US-Amerikaner David Cooperrider und Diana Whitney in den 1980er-Jahren entwickelten. Das zentrale Element der Methode ist das sogenannte Wertschätzende Interview.  

Im Unterschied zu den meisten anderen Ansätzen erfolgt beim AI weniger eine kritische Auseinandersetzung mit den negativen Punkten und dem Ist-Zustand, um daraus die künftige Vorgehensweise und die Ziele abzuleiten. 

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Stattdessen konzentriert sich die Methode vielmehr auf die positiven Aspekte, die Stärken und das vorhandene Potenzial. Zudem findet beim AI keine unmittelbare Problembearbeitung statt, sondern die Probleme werden in formulierte Änderungswünsche umgewandelt.  

Was sich nun aber konkret hinter der Methode Appreciative Inquiry verbirgt
und wie sie umgesetzt wird, erklärt die folgende Übersicht: 

 

Die Grundidee des Appreciative Inquiry 

Das Appreciative Inquiry basiert auf zwei grundlegenden Annahmen, nämlich zum einen, dass jeder Mensch, jede Organisation und jedes System ein größeres Potenzial hat, als angenommen. Zum anderen entwickeln sich Systeme immer in die Richtung, in die die Aufmerksamkeit gelenkt wird, und die Fragen, die gestellt werden, entscheiden darüber, was vorgefunden wird.  

Um eine positive Entwicklung in Gang zu setzen, ist es also erforderlich, die gesamte Aufmerksamkeit auf das Positive zu lenken, beispielsweise in Form von den Stärken, erbrachten Leistungen, einer positiven Selbstwahrnehmung, Erinnerungen an Erfolge und einem optimistischen Bild von der Zukunft. Beim Appreciative Inquiry geht es nun darum, genau diese Fokussierung ausschließlich auf das Positive konsequent umzusetzen. 

Dieser Ansatz mag auf den ersten Blick ein wenig zu einfach gedacht erscheinen, hat aber eine durchaus nachvollziehbare Logik. In jedem System, unabhängig davon, ob es sich bei dem System um ein kleines Projektteam, eine größere Organisation oder ein sehr großes Unternehmen handelt, entsteht ein bestimmtes Bild. Dieses Bild ergibt sich aus verschiedenen Geschichten, durch die die Mitglieder die Vergangenheit, die Gegenwart und die mögliche Zukunft beschreiben.  

Da sich die Mitglieder ständig austauschen und sich permanent Geschichten erzählen, entwickelt sich irgendwann ein kollektives Selbstbild, das die Wahrnehmung bestimmt. Dieses Selbstbild, so die Argumentation, stellt aber nicht die tatsächliche, sondern nur eine verzerrte Realität dar. Dies wiederum liegt daran, dass sich Menschen üblicherweise länger und intensiver mit negativen Geschichten befassen als mit positiven.  

Während beispielsweise ein Lob oft nur nebenbei ausgesprochen und ein erfolgreich beendetes Projekt häufig nur kurz thematisiert wird, um sich dann gleich der nächsten Aufgabe zuzuwenden, gehören Lästereien über Kollegen, Klagen über das vorgegebene Arbeitspensum oder Kritik an der Geschäftsleitung zu den Dauerthemen. Das AI geht nun davon aus, dass eine positive Entwicklung letztlich nur dann möglich ist, wenn das Negative weitestgehend ausgeblendet und die Aufmerksamkeit stattdessen ausschließlich auf das Positive gelenkt wird.  

Ein Grund hierfür ist auch, dass es zu einer Verteidigungshaltung führt, wenn Menschen mit Schwächen, Problemen und Fehlern konfrontiert werden. Hat ein Mensch aber das Gefühl, sich verteidigen oder rechtfertigen zu müssen, reagiert er gekränkt, zieht sich beleidigt zurück oder holt zum Gegenschlag aus. Jede dieser Reaktionen macht eine Zusammenarbeit und eine positive Weiterentwicklung deutlich schwieriger bis unmöglich.  

Das bedeutet allerdings nicht, dass es das AI nicht zulässt, Defizite anzusprechen. Es ist durchaus möglich, Probleme auf den Punkt zu bringen. Allerdings sollten diese nicht als Vorwurf oder negative Aussage stehen bleiben, sondern in einen positiv geprägten Änderungswunsch umformuliert werden. 

 

Der Ablauf eines Appreciative Inquiry 

Jedes AI benötigt zunächst ein Kernthema, das entweder von der Geschäftsleitung oder im Zuge der Vorbereitungen auch von Mitarbeitern und Beteiligten festgelegt werden kann. Damit das Kernthema aber zu der Philosophie von AI passt, muss es nicht nur für das System relevant, sondern vor allem auch motivierend und positiv formuliert sein. Statt also beispielsweise „Die hohen Kosten senken“ könnte das Kernthema „Eine optimale Kosteneffizienz erreichen“ oder „Eine starke Position am lokalen Markt“ anstelle von „Die schlechte Marktposition verbessern“ lauten.  

Für das gesamte AI ist entscheidend, dass es Verbundenheit und ein Zusammengehörigkeitsgefühl auslöst, denn wenn sich die Teilnehmer emotional angesprochen fühlen und als Teil des Ganzen sehen, steigt ihre Motivation, an einer positiven Weiterentwicklung und erfolgreichen Zukunft zu arbeiten. 

 

Ein AI selbst gliedert sich dann in vier Phasen:

 

1.       Discovery.

In der ersten Phase, der Entdeckungsphase, werden Interviews zum Kernthema geführt. Das Ziel dieser sogenannten wertschätzenden Interviews besteht darin, Positives in Erinnerung zu rufen und Stärken zu erkennen. 

 

2.       Dream.

Die Ergebnisse aus der Entdeckungsphase werden anschließend zusammengetragen und in der Runde ausgetauscht. Aus dem Verständnis heraus, an welchen Ereignissen und Erfahrungen angeknüpft werden kann, um eine möglichst positive Weiterentwicklung zu realisieren, wird in der zweiten Phase das angestrebte Zukunftsbild entworfen. 

 

3.       Design.

In der dritten Phase werden die Entwürfe und Ideen zum angestrebten Zukunftsbild in konkrete und überprüfbare Beschreibungen umformuliert. Dabei geht nicht um romantische Visionen, sondern tatsächlich um klare und aussagekräftige Statements, die das gezeichnete Zukunftsbild beschreiben.

 

4.       Destiny.

In der vierten und letzten Phase stehen die Planung und die Umsetzung im Vordergrund. Ähnlich wie bei jedem klassischen Projekt werden nun Arbeitspakete geschnürt, Aufgaben verteilt und Zuständigkeiten definiert.  

 

Ein Fazit zum Appreciative Inquiry 

Die Methode Appreciative Inquiry hat zweifelsohne richtige und sinnvolle Ansätze. So ist vermutlich unbestritten, dass Menschen dazu neigen, sich eher mit Negativem zu beschäftigen und sich daran zu erinnern. Gerade in der Arbeitswelt können Druck und eine hohe Erwartungshaltung entmutigen und demoralisieren, insbesondere dann, wenn sich das Gefühl einstellt, ohnehin nie gut genug zu sein.  

Zudem scheint es tatsächlich sinnvoll, nicht immer nur darüber zu diskutieren, was schlecht ist und verändert werden muss, sondern sich bewusst auch mit dem auseinanderzusetzen, was gut ist, sich bewährt hat und erhalten bleiben soll.  

Realistisch gesehen kann das AI aber trotzdem nur eine ergänzende Methode sein, denn auf Dauer kann Negatives schlichtweg nicht ausgeblendet werden und es gibt Probleme und Defizite, die klar angesprochen, gezielt bearbeitet und behoben werden müssen.  

Wenn es jedoch gelingt, durch das AI einen positiven Teamgeist zu erwecken, der eine Kommunikation und eine Zusammenarbeit auf einer offenen, motivierenden und fairen Ebene ermöglicht, und dieser Teamgeist auch im Alltagsbetrieb erhalten werden kann, ist das Appreciative Inquiry sicherlich ein hilfreiches Instrument, wenn es darum geht, die Zukunft eines Systems im Hinblick auf die Leistungen, Fähigkeiten und Verhaltensweisen neu und langfristig positiv zu gestalten.

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Ein Gedanke zu „Die Appreciative Inquiry Methode“

  1. Bei der Auftragsklärung und im Kernteam werden die Probleme als affirmative Wünsche geäußert. Im Prozess selbst werden in der Discovery-Phase im Interviewleitfaden werden die Probleme der Organisation, des Teams, des Projekts als affirmative Wünsche eingebracht und in der Dream-Phase verstärkt! Frei nach dem Zitat von Einstein: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ D.h., Probleme in menschlichen Systemen können nicht linear gelöst werden.

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