Projekt Anonyme Bewerbung: Vor- und Nachteile
Ende November 2010 startete in Deutschland das Projekt Anonyme Bewerbung. Acht Arbeitgeber nahmen daran teil und ließen sich auf den Versuch ein, ein Jahr lang ausschließlich anonyme Bewerbungen im Auswahlverfahren zu berücksichtigen.
Die Meinungen zur Bewerbung ohne persönliche Daten und Angaben waren von Anfang an zweigeteilt und das sollte sich auch nach dem Projekt nicht ändern. So gibt es heute ein paar Unternehmen, die auf die anonymisierte Bewerbung setzen.
Andere Unternehmen arbeiten mit einer etwas abgeschwächten Variante, indem sie beispielsweise auf die Altersangabe oder das Bewerbungsfoto verzichten. Wieder andere Unternehmen erwarten von Bewerbern herkömmliche Bewerbungsunterlagen mit allen gängigen Informationen. Aber wie sieht so eine anonyme Bewerbung überhaupt aus?
Was ist die Idee dahinter und welche Vor- und Nachteile bietet eine anonyme Bewerbung?:
Inhalt
Projekt Anonyme Bewerbung: die praktische Umsetzung
Im Unterschied zu einer herkömmlichen Bewerbung fallen bei einer anonymen Bewerbung alle persönlichen Angaben weg. Auf das Bewerbungsfoto wird somit genauso verzichtet wie auf den Namen, die Anschrift und das Geburtsdatum. Auch Angaben zum Familienstand, den Hobbys oder möglichen Handicaps werden weggelassen. Stattdessen werden nur die Abschlüsse, die Qualifikationen und die beruflichen Stationen aufgeführt.
Außerdem wird die Motivation beschrieben. Die Idee dahinter ist, dass die Aufmerksamkeit des Arbeitsgebers ausschließlich auf die fachliche Eignung gelenkt werden soll. Die Aspekte, die die Person ausmachen, sollen dagegen keine Rolle spielen. Auf diese Weise soll die Chancengleichheit erhöht werden, denn wenn der Arbeitgeber nicht weiß, ob sich da eine Frau oder ein Mann bewirbt, wie alt der Bewerber ist, woher er stammt oder wie er aussieht, können Aspekte wie das Geschlecht, das Alter, der Familienstand oder die Herkunft schon keine Ausschlusskriterien sein.
Sofern das Unternehmen kein standardisiertes Bewerbungsformular zur Verfügung stellt, heißt das für die Bewerbungsunterlagen, dass zunächst einmal die Kontaktdaten, also Name und Anschrift, wegfallen. Im Lebenslauf wird auf den gesamten ersten Abschnitt verzichtet und die einzelnen Stationen werden ohne Zeitangaben aufgelistet.
Aus Abschlusszeugnissen und anderen Qualifikationsnachweisen darf nur hervorgehen, wo der Bewerber die Qualifikation erworben hat, wie die genaue Bezeichnung der Qualifikation lautet und welches Prüfungsergebnis oder welche Note der Bewerber erzielt hat.
In Arbeitszeugnissen dürfen ebenfalls keine Daten sichtbar sein, die Rückschlüsse auf das Alter, das Geschlecht oder die Herkunft zulassen. Alle Daten, die Informationen zur Person enthalten, müssen deshalb geschwärzt werden. Damit eine Kontaktaufnahme möglich ist, sollte sich der Bewerber eine unpersönliche E-Mail-Adresse zulegen und diese in seinen Unterlagen nennen.
Ratsam ist übrigens, eine herkömmliche Bewerbung zu erstellen und sie nachträglich zu anonymisieren. Wird der Bewerber nämlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen, muss er spätestens dann ohnehin herkömmliche Unterlagen mit vollständigen Daten und Inhalten vorlegen.
Projekt Anonyme Bewerbung: die Vor- und Nachteile
Der größte und wichtigste Pluspunkt bei einer anonymen Bewerbung besteht darin, dass die fachliche Eignung und die beruflichen Kompetenzen gar klar im Vordergrund stehen. Während die Qualifikation für die Stelle in den Fokus rückt, verlieren mögliche Überlegungen die Person betreffend, Vorurteile oder Klischees gleichzeitig an Bedeutung.
Auch persönliche Vorlieben oder Sympathiepunkte, die sich beispielsweise durch den Blick auf das Bewerbungsfoto ergeben, spielen keine Rolle mehr. Gerade ältere Kandidaten, Frauen mit kleinen Kindern oder Bewerber mit Migrationshintergrund, die andernfalls womöglich nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden wären, können so von der anonymen Bewerbung profitieren.
Ein weiterer Vorteil ist, dass sich der Arbeitgeber zunächst einmal mit den Daten begnügen muss, die ihm vorliegen. Da er den Namen des Bewerbers nicht kennt, kann er ihn nämlich nicht in eine Suchmaschine eingeben und sich so weitere Infos beschaffen.
Allerdings bietet die anonyme Bewerbung auch einige klare Nachteile. Ein großer Minuspunkt ist, dass sich nur scheinbar eine Chancengleichheit ergibt. Zwar kann es durchaus sein, dass die anonyme Bewerbung Kandidaten die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch einbringt, die im herkömmlichen Bewerbungsverfahren möglicherweise eine Absage erhalten hätten.
Spätestens im Vorstellungsgespräch ist es mit der Anonymität aber vorbei und wenn der Bewerber hier nicht überzeugen kann, wird es nichts mit dem Job. Das Aussieben der Bewerber verschiebt sich bei der anonymen Bewerbung also letztlich nur um eine Runde. Ein weiterer Nachteil ist der Mehraufwand, der sich durch die anonymisierte Bewerbung ergibt.
So muss der Bewerber sämtliche Zeugnisse, Nachweise und Belege bearbeiten, um alle persönlichen Informationen unkenntlich zu machen. Das Unternehmen wiederum muss Bewerbungsunterlagen zweimal durcharbeiten, einmal in anonymer und einmal in herkömmlicher, vollständiger Form.
Der wichtigste Nachteil dürfte sich jedoch für solche Bewerber ergeben, die das Qualifikationsprofil vielleicht nicht komplett erfüllen oder einfach nur keinen geradlinigen Lebenslauf mitbringen. So kann beispielsweise ein Bewerber, der gerade aufgrund seiner Herkunft mit interkulturellen Kompetenzen und Fremdsprachenkenntnissen punkten könnte, diese Pluspunkte nur bedingt in die Waagschale werfen.
Ebenso kann eine Frau, die sich familienbedingt eine berufliche Auszeit genommen hat, aus dieser Zeit keine sozialen Kompetenzen ableiten, weil sie Infos ihre Person betreffend ja gerade verschweigen soll.
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