Liste: Anzeichen für eine drohende Projektkrise
Viele Projekte geraten in eine ernste Schieflage oder scheitern gar gänzlich, weil die Anzeichen für eine drohende Projektkrise nicht erkannt oder zu lange ignoriert werden.
Die Projektziele sind nicht klar definiert, die Aufgabenstellungen werden nicht an den tatsächlichen Bedarf angepasst, die Machbarkeitsanalysen wurden schlampig durchgeführt, die Kommunikation lässt zu wünschen übrig oder die Wünsche der Auftraggeber verändern sich: Es gibt viele Gründe, die ein Projekt ernsthaft gefährden können.
Und dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein großes oder ein kleines, ein komplexes oder ein eher einfaches Projekt handelt. Letztlich kann jedes Projekt an einen Punkt kommen, an dem die Herausforderungen so groß werden, dass sie kaum noch zu bewältigen sind. In der Folge rutscht das Projekt in eine Krise.
Und wenn dann nicht die richtigen Gegenmaßnahmen ergriffen werden, läuft das Projekt entweder aus dem Ruder oder scheitert früher oder später ganz. Andererseits kommt eine Projektkrise in den seltensten Fällen von heute auf morgen. Vielmehr kündigt sie sich an.
Die wichtigsten Anzeichen für eine drohende Projektkrise
haben wir in einer Liste zusammengestellt:
Inhalt
Nichterkennen von Veränderungen und Warnzeichen
Eine Projektkrise kann nur dann bewältigt werden, wenn sie erkannt wird. Doch genau das ist bei Projekten oft gar nicht so einfach. Denn das Projekt startet verheißungsvoll. Die Projektmitarbeiter machen sich motiviert ans Werk, die Projektteams sind gut aufeinander eingespielt und ergänzen sich gegenseitig.
Die geplanten Prozesse funktionieren, die ausgewählten Methoden erweisen sich als richtig. Meilensteine werden eingehalten, die Kosten bleiben im Rahmen, die Qualität der Ergebnisse passt und die Meetings sind konstruktiv. Doch oft stellen sich schon nach kurzer Zeit die ersten Veränderungen ein.
Dabei sind es mitunter nur Kleinigkeiten, die deshalb kaum auffallen. So kann es sein, dass sich die Projektmitarbeiter zunehmend über die viele Arbeit beklagen. Oder dass der Auftraggeber die Ergebnisse plötzlich bemängelt. Oder dass im Nachhinein Fehler auftauchen, die ein Team gemacht hat und unter den Teppich kehren wollte. Oder dass die Stakeholder auf einmal nicht mehr an den Meetings teilnehmen.
Grundsätzlich wäre es nicht notwendig, jedem kleinen Warnzeichen Beachtung zu schenken. Denn ein rundum perfektes Projekt, das von der ersten bis zur letzten Sekunde exakt so abläuft, wie geplant und erhofft, gibt es nicht. Doch irgendwann kommen immer mehr Warnzeichen zusammen.
Trotzdem läuft alles weiter wie gehabt, denn die Termine müssen eingehalten und die Ergebnisse abgeliefert werden. Um sich zurückzulehnen und darüber nachzudenken, warum das Projekt nicht mehr so rund läuft wie am Anfang, fehlt oft schlichtweg die Zeit.
Anzeichen für eine drohende Projektkrise
An einem bestimmten Punkt wird den Projektbeteiligten dann aber klar, dass sich das Projekt verändert hat. Sie erkennen, dass nicht nur Kleinigkeiten schief laufen, sondern dass das ganze Projekt von einer ernsthaften Krise bedroht ist oder sogar schon kurz vor dem Aus steht. Und in aller Regel tauchen an dieser Stelle gewisse Anzeichen auf.
Die wichtigsten Indikatoren, die eine drohende Projektkrise ankündigen, haben wir im Folgenden aufgelistet. Dabei erhebt die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll lediglich dabei helfen, die Wahrnehmung zu schärfen.
Zudem lassen sich nicht immer klare Grenzen zwischen den verschiedenen Bereichen ziehen. Einige Anzeichen können also durchaus in mehreren Bereichen vorkommen.
Projektkultur
- Einzelne Projektmitarbeiter agieren nicht mehr sachbezogen, sondern wollen das Projekt nutzen, um sich selbst zu profilieren.
- Die Projektleiter möchten sich in ihren Positionen behaupten und geben deshalb derart ehrgeizige und überzogene Ziele vor, die bei objektiver Betrachtung völlig unrealistisch sind.
- Die Teamleiter ignorieren die Unterstützungsgesuche oder Klagen ihrer Teammitglieder.
- Fehler werden schön geredet oder verheimlicht, Notlügen werden zur Routine.
- Es können keine konstruktiven Fehlerdiskussionen im Projektteam oder mit den Stakeholdern mehr geführt werden.
- Das eingeplante Budget wird kurzerhand zusammengestrichen.
- Das Projekt ist von Anfang an schwach gestartet, weil die Projektmitglieder nicht richtig motiviert werden konnten, und im Projektverlauf nimmt die Motivation noch weiter ab.
Projektziele
- Die Projektziele werden ständig erweitert, während die Ressourcen und die Terminvorgaben gleich bleiben.
- Die definierten Strukturen, Prozesse und Methoden zur Zielerreichung werden immer seltener eingehalten oder komplett aufgegeben.
- Diskussionen über die definierten Projektziele häufen sich.
- Das Projekt wird zunehmend komplexer, weil mehrere Projekte gleichzeitig laufen und voneinander abhängig sind oder sich gegenseitig beeinflussen.
Projektmitarbeiter
- Immer mehr Projektmitarbeiter steigen aus oder werden durch Kollegen ersetzt. Andersherum kann die Anzahl der Personen, die am Projekt beteiligt sind, immer größer werden. Beides führt im Ergebnis dazu, dass die Stabilität im Projektteam und im Projektumfeld zunehmend verloren geht.
- Einzelne Projektmitarbeiter übernehmen eigenständig Aufgaben, die eigentlich nicht in ihren Zuständigkeitsbereich gehören. Ihre tatsächliche Rolle füllen sie dadurch nicht mehr richtig aus.
- Die Projektmitarbeiter beklagen sich über zu viel Arbeit, eine zu hohe Belastung oder zu viele Überstunden und Wochenendschichten.
- Eingeplante und genehmigte Ressourcen sind nicht verfügbar, weil die Mitarbeiter anderweitig eingesetzt werden.
- An den Meetings nehmen immer weniger Projektmitarbeiter teil, immer häufiger fallen Meetings komplett aus.
Kommunikation
- Die Kommunikation innerhalb des Projektteams nimmt stetig ab, vereinbarte Kommunikationsregeln werden nicht mehr eingehalten.
- Es kommt immer häufiger zu Konflikten im Team, mit Stakeholdern, im Projektumfeld oder zwischen Projekt und Linie.
- Der Informationsfluss zwischen den einzelnen Projektteams und den übergeordneten Stellen gerät zunehmend ins Stocken, Informationen von oben kommen unten nicht mehr an.
- Immer mehr Gerüchte kommen auf, über den Flurfunk werden fast mehr Informationen ausgetauscht als in Meetings.
Erwartungshaltungen
- Der Druck von außen auf das Projekt steigt.
- Die Beschwerden, sowohl innerhalb des Projektteams als auch von außen, häufen sich.
- Die Qualität der gelieferten Ergebnisse wird schlechter.
- Prozesse und Methoden funktionieren nicht mehr, geplante Lösungen erweisen sich als falsch.
Zustimmung
- Das Vertrauen in das Projekt sinkt, grundlegende Aspekte werden immer häufiger in Frage gestellt.
- Die Motivation der Projektmitglieder nimmt rapide ab.
- Zuvor genehmigte Ressourcen werden abgezogen oder erheblich gekürzt.
- Die Projektstrategie wird komplett auf den Kopf gestellt, ohne die Folgen angemessen aufzufangen.
- Stakeholder erscheinen nicht mehr bei Meetings und zeigen kaum noch Interesse an dem Projekt.
Fakten
- Die Abläufe und Ergebnisse hinken dem Zeitplan hinterher.
- Es werden zu viele Ressourcen verbraucht, ohne dass es entsprechende Fortschritte oder Ergebnisse gibt.
- Meilensteine werden immer seltener eingehalten.
- Projektkennzahlen, die einfach zu messen und gut zu kontrollieren sind, laufen aus dem Ruder.
Die Reaktion auf Warnzeichen
Erkennt das Projektteam die Warnzeichen, ist das die eine Sache. Die andere Sache ist, wie es darauf reagiert. Einen richtigen oder falschen, besseren oder schlechteren Weg gibt es hier letztlich nicht.
Denn die Vorgehensweise hängt immer auch ein Stück weit vom Projekt selbst, vom Projektumfeld und von den Personen, die am Projekt beteiligt sind, ab. Eine Möglichkeit ist sicherlich, die Faktoren, die schief laufen, greif- und messbar zu machen. Für erfahrene Projektmanager sollte es kein Problem sein, entsprechende Werte auszuarbeiten.
Diagramme, die die Warnzeichen abbilden, sind eine andere Möglichkeit. Doch auch der gesunde Menschenverstand, das Bauchgefühl und die Erfahrung dürfen nicht außen vor bleiben. Sie sind meist die zuverlässigsten Instrumente, wenn es darum geht, Warnzeichen zu erkennen, um dann strukturiert und systematisch Gegenmaßnahmen einzuleiten.
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