Wann ist ein Projektabbruch unvermeidbar? 1. Teil
Dass bei einem Projekt Risiken eingegangen werden, ist ein Stück weit normal. Ebenso sind sich die Beteiligten im Klaren darüber, dass ein Projekt allen Bemühungen zum Trotz schiefgehen kann. Doch ungeachtet des Risikobewusstseins kann irgendwann der Punkt kommen, an dem es einfach keinen Sinn mehr macht, an einem Projekt festzuhalten.
Wir erklären in einem zweiteiligen Beitrag, wann dieser Zeitpunkt erreicht ist!:
Inhalt
Warum wird ein Projekt trotz Risiken gestartet?
Eine Projektidee wird diskutiert, das Projekt daraufhin geplant und die folgende Umsetzung führt ohne jegliche Schwierigkeiten oder Hürden geradewegs zu einem erfolgreichen Abschluss. Das ist zwar die Idealvorstellung, in der Praxis aber tatsächlich Wunschdenken.
Vielmehr starten die meisten Projekte mit diversen Risikofaktoren. Oft ist zu Beginn die Frage nach der Machbarkeit noch gar nicht geklärt. Auch die Termine, das Budget und die benötigten Ressourcen sind eher Schätzungen als faktenbasierte Kalkulationen.
Damit stellt sich die Frage, warum Projekte trotz der vielen Unsicherheiten überhaupt auf den Weg gebracht werden. Die Antwort ist, dass es bei einem Projekt oft nicht nur um ein konkretes Ziel geht. Stattdessen spielen strategische Überlegungen und die weiteren Entwicklungen des Unternehmens mit hinein.
So kann die Motivation hinter einem Projekt sein,
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Möglichkeiten zu ergreifen und sich Chancen zu eröffnen, die einen großen Nutzen in Aussicht stellen.
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sich strategische Vorteile auf dem Markt zu sichern.
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Kostenstrukturen zu optimieren, um Spielraum für andere Ausgaben zu schaffen oder die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.
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das Ansehen innerhalb des Unternehmens und nach außen hin zu verbessern.
Mitunter pokert ein Unternehmen hoch. Scheitert ein Projekt, kann das Image des Unternehmens schließlich großen Schaden nehmen. Hinzu kommt, dass umso mehr Ressourcen investiert werden, je länger ein Projekt läuft. Bei einem Misserfolg sind diese in den Sand gesetzt.
Wieso ist die strategische Relevanz ein maßgeblicher Faktor?
Wie viele Zugeständnisse gemacht werden, richtet sich sehr danach, wie strategisch relevant ein Projekt für das Unternehmen ist. Welche Rolle spielt das Projekt für den langfristigen Unternehmenserfolg? Verspricht das Projekt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil? Welche Folgen hätte es, wenn das Projekt nicht erfolgreich zu Ende gebracht werden kann?
Je nachdem, wie die Antworten auf solche Fragen ausfallen, kann die Vorgehensweise definiert werden, falls sich das Projekt nicht wie gewünscht entwickelt.
Dabei zeigt die Praxis, dass bei strategisch bedeutsamen Projekten weit mehr Rettungsversuche unternommen werden als bei Projekten mit geringerer Relevanz.
Wann ist ein Projektabbruch unvermeidbar?
Bevor die Frage nach einem Projektabbruch im Raum steht, muss zunächst einmal erkannt werden, dass das Projekt überhaupt in einer Krise steckt. Je nachdem, um welche Art von Krise es sich handelt und welches Ausmaß sie hat, kann die weitere Vorgehensweise überlegt werden.
Selbst eine existenzielle Krise muss nicht automatisch das sofortige Aus für das Projekt bedeuten. Oft wird der Versuch unternommen, die Pläne oder die Ziele nachzujustieren und die Handlungsfähigkeit wiederherzustellen. Mitunter ist auch möglich, die bislang erreichten Ergebnisse in ein Folgeprojekt zu übertragen.
Eine einfache und allgemeingültige Antwort auf die Frage, was das richtige Vorgehen ist und wann sich ein Projektabbruch nicht mehr vermeiden lässt, gibt es nicht. Denn dabei spielen zu viele interne Faktoren und äußere Einflüsse eine Rolle, die im Einzelfall berücksichtigt werden müssen.
Neben der strategischen Relevanz des Projekts für das Unternehmen können aber die Ursachen für die Projektkrise wichtige Anhaltspunkte liefern. In diesem Zusammenhang werden vier Dimensionen voneinander unterschieden, nämlich die Zeit, die Kosten, das Ziel und die Machbarkeit.
Wichtig zu wissen ist aber, dass eine Krise durchaus mehrere Dimensionen umfassen kann. So ist zum Beispiel keine Seltenheit, dass der Zeitplan ins Wanken gerät und in der Folge sowohl die Kosten als auch das Ziel aus dem Ruder laufen.
Trotzdem ist bei einer Analyse und im Zuge der Entscheidungsfindung sinnvoll, die einzelnen Dimensionen jeweils für sich zu betrachten.
Die Zeit als Auslöser der Krise
Gerät das Projekt in eine Zeitkrise, ist das oft recht gut zu erkennen. Denn die geplanten Termine werden nicht eingehalten, die anvisierten Meilensteine verschieben sich merklich nach hinten und irgendwann kann womöglich der Endtermin gar nicht mehr vorhergesagt werden.
An diesem Punkt ist die erste Frage, ob das Projektergebnis überhaupt noch relevant ist, wenn das Projekt erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden kann. Gerade in dynamischen Märkten, die sich stetig verändern und weiterentwickeln, können Ergebnisse oder Ziele hinfällig werden, wenn zu viel Zeit vergeht.
Im nächsten Schritt gilt zu prüfen, welche Kosten entstehen, wenn das Projekt beschleunigt wird. Diese Mehrkosten sollten außerdem ins Verhältnis zu den Ausgaben und Folgekosten gesetzt werden, die sich ergeben, wenn ein verzögerter Abschluss des Projekts in Kauf genommen wird.
Bleibt das Projektergebnis trotz Verspätung relevant und sind die Kosten vertretbar, kann das Projekt entweder wie bisher fortgesetzt oder mit den entsprechenden Mehrkosten beschleunigt weitergeführt werden.
Zeigt sich hingegen, dass das Projekt bei einem verspäteten Abschluss hinfällig wird und sind Mehrkosten für eine Beschleunigung nicht zu rechtfertigen, ist ein Projektabbruch die einzig vernünftige Lösung.
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